Das  Vormerksystem

Das österreichische Verkehrsrecht kennt kein „Punktesystem“ wie andere europäische Länder. Gravierende Verstöße gegen Verkehrsnormen führen hier (neben der Strafe) zu Vormerkungen im Führerscheinregister, welche zwei Jahre lang ab Begehung im Fall eines allfälligen weiteren Verstoßes zu berücksichtigen sind.

Hat ein Kraftfahrzeuglenker eines der folgenden Delikte begangen, so ist unabhängig von einer verhängten Verwaltungsstrafe, einer etwaigen Entziehung der Lenkberechtigung oder sonstiger angeordneter Maßnahmen eine Vormerkung im örtlichen Führerscheinregister einzutragen, dies auch dann, wenn das Delikt vom Strafgericht zu ahnden ist.

Folgende 14 Übertretungen straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften sind betroffen:

ab 0,5 Promille bzw. 0,25 mg/l (§ 14 Abs.8 FSG)

ab 0,1 Promille bzw. 0,05 mg/l (§ 20 Abs.4 FSG) für C-Lenker (über 7,5t)

ab 0,1 Promille bzw. 0,05 mg/l (§ 20 Abs.4 FSG) für D-Lenker

Gefährdung von Fußgängern am Schutzweg (§ 9 Abs.2 oder § 38 Abs.4 dritter Satz StVO)

„Drängeln“ nur 0,2 bis 0,39 Sekunden Reaktionsabstand (Sicherheitsabstand) und Feststellung der Übertretung mit technischen Messgeräten – § 18 Abs.1 StVO

Missachtung der Stopp-Tafel, wenn dabei jemand zu unvermitteltem Bremsen oder Ablenken genötigt wird (§ 19 Abs.4 iVm Abs.7 StVO)

Missachtung der „roten Ampel“, wenn dabei jemand zu unvermitteltem Bremsen oder Ablenken genötigt wird (§ 38 Abs.5 StVO)

Befahren des Pannenstreifens der Autobahn mit mehrspurigen Fahrzeugen, wenn dadurch Einsatzfahrzeuge, Fahrzeuge des Straßendienstes, der Straßenaufsicht oder des Pannendienstes verbunden sind (§ 46 Abs.4 lit. d StVO)

Missachtung des Fahrverbots mit gefährlichen Gütern in Tunneln (§ 52 lit.a Z.7e StVO)

Befahren von Autobahntunnels betreffend Beförderungseinheiten mit gefährlichen Gütern unter Missachtung der Verordnung des Verkehrsministeriums BGBl. II Nr. 395/2001

Übersetzen von Eisenbahnkreuzungen entgegen § 96 Abs.1 Z.5+6 und § 99 Abs.1 Z.1 bis 5 Eisenbahnkreuzungs-Verordnung 2012 (wenn aufgrund eines Staus ein Anhalten auf der Eisenbahnkreuzung erforderlich werden könnte; unbefugte Betätigung des Schrankens, geschlossene Schranken umfahren oder umgehen oder sich unbefugt in den dadurch abgesperrten Raum begeben) sowie Nichtanhalten bei akustischen Zeichen oder gelbem oder rotem Licht, was das Schließen der Schranken ankündigt.

technischer Zustand von Fahrzeug und Beladung: lenken eines Fahrzeugs, dessen Zustand oder Beladung (keine entsprechende Sicherung der Beladung) eine Gefährdung der Verkehrssicherheit darstellt, wenn dies vor Fahrtantritt auffallen hätte müssen (§ 102 Abs.1 KFG und § 13 Abs.2 GGBG)

Missachtung der Kindersicherung nach § 106 Abs.5+6 KFG.

Befahren der Rettungsgasse mit mehrspurigen Fahrzeugen; mit einspurigen dann, wenn Einsatzfahrzeuge etc. behindert werden

Diese Übertretungen sind zwei Jahre ab Begehung zu berücksichtigen.

Der Entzug der Lenkberechtigung (mindestens für drei Monate) nach dem dritten relevanten Verstoß löscht die Vormerkungen.

Die Praxis der Führerscheinbehörden erachtet eine solche Vormerkung als geeignet, die (Mindest)Entzugsdauer zu erhöhen.

Erst mit Rechtskraft der Bestrafung wird die Vormerkung rechtswirksam, der Betroffene verständigt und über die Folgen einer weiteren schweren Übertretung gewarnt.

Nach dem zweiten Vormerkdelikt wird die begleitende Maßnahme angeordnet (Nachschulung, Fahrsicherheitstraining, Erste-Hilfe-Kurs, Perfektionsfahrt, Ladungssicherungskurs etc. nach den §§ 13 ff FSG-DV).

Die Nachschulung kostet derzeit 495 Euro.

Diese wird auch bei der zweiten qualifizierten Geschwindigkeitsüberschreitung verhängt (mehr als 40 km/h im Ortsgebiet und mehr als 50 km/h außerhalb zu schnell).

Der Kurstyp „Nachschulung im Rahmen des Vormerksystems“ ist von Personen zu absolvieren, denen von der Behörde gemäß § 30b FSG eine Nachschulung im Rahmen des Vormerksystems angeordnet wurde. Im Rahmen dieses Kurstyps sind die Ursachen, die zur Anordnung dieser Maßnahme geführt haben, zu erörtern, wobei im Rahmen dieser Nachschulung sowohl Inhalte der in § 2 als auch § 3 genannten Kurstypen in entsprechendem Umfang aufzuarbeiten sind (§ 4a FSG-NV).

Die Nachschulung umfasst mindestens zwei Gruppensitzungen zu insgesamt sechs Kurseinheiten. Die Kurseinheit dauert 50 Minuten.

Besondere Maßnahmen im Sinne des Vormerksystems sind:

      1. Nachschulungen gemäß FSG-NV (Nachschulungsverordnung)

      2. Perfektionsfahrten gemäß § 13a FSG-DV (Durchführungsverordnung)

      3. das Fahrsicherheitstraining gemäß § 13b FSG-DV

      4. Vorträgen oder Seminaren über geeignete Ladungssicherungsmaßnahmen,

      5. Unterweisungen in lebensrettenden Sofortmaßnahmen gemäß § 6 FSG-DV

      6. Kurse über geeignete Maßnahmen zur Kindersicherung

Über die Eintragung als Vormerkdelikt und deren allfällige Folgen ist der Beschuldigte (der vom Gesetz Lenker genannt wird) in der Strafverfügung/im Straferkenntnis durch die Behörde zu informieren; in der Praxis wird den Strafbescheiden von den Behörden ein Informationsblatt beigelegt.